Der aufblühende Badebetrieb machte dem Firmengründer Mut
BAD BODENDORF. Seinen nostalgischen Charme verdankt das Bad Bodendorfer Thermalfreibad auch den altertümlichen Umkleidekabinen und ihren farbenfroh lackierten Holztüren. Wohl kaum jemand weiß heute noch, dass sie einst von Johann Bauer gezimmert wurden. Aus dem aufblühenden Badebetrieb in Bodendorf – das Thermalfreibad selbst wurde am 20. Juni 1937 eröffnet – schöpfte der junge Handwerker aus Bodendorf damals den Mut, eine Schreinerwerkstatt zu eröffnen. Anlässlich des 75-jährigen Bestehens des von ihm gegründeten Betriebs laden Johann Bauer Sohn Josef und Enkel Achim für Samstag, 30. August, von 11 bis 17 Uhr zum Tag der offenen Tür in die Werkstatt an der Gartenstraße 11 ein. Dort sind unter anderem 50 Fotografien aus Geschichte und Gegenwart des Familienunternehmens zu sehen – und eine restaurierte Landkarte, an der sich Johann Bauer während seiner Zeit als Wandergeselle orientierte. Kunden, Freunde und Interessierte sind am Festtag willkommen.
Firmengründer Johann Bauer, 1907 geboren, ging von 1921 bis 1924 in der Schreinerei Elsen in der Koblenzer Straße in Sinzig in die Lehre. Dann arbeitete er als Geselle in der Schreinerei der Gebrüder Ritter in Bad Neuenahr. Anfang der 30er Jahre richtete er sich in seinem Elternhaus eine kleine Schreinerwerkstatt ein, in der er nach Feierabend und an den Wochenenden arbeitete. 1933 dann baute er sich auf einem elterlichen Feld eine Werkstatt und machte sich selbstständig. Die Meisterprüfung war damals noch nicht Voraussetzung, wenn man einen Handwerksbetrieb eröffnen wollte; dennoch unterzog sich Johann Bauer im Jahr 1934 dieser Prüfung. Und bestand. Sein Meisterstück, ein Fahnenschrank für den Bodendorfer Männergesangverein „Eintracht", stand jahrzehntelang im Vereinslokal Cholin.
1940 wurde Johann Bauer zum Kriegsdienst eingezogen. Als er im August 1945 mit einer Kriegsverletzung aus der Gefangenschaft nach Bodendorf zurückkam, war sie so gut wie leer; lediglich eine besonders schwere Maschine war stehen geblieben. Alles andere hatten die amerikanischen Besatzer, die das Gebäude als Auto-Reparaturwerkstatt genutzt hatten, ausgeräumt. Johann Bauer musste also wieder bei Null anfangen. Der Anfang war hart, aber mit der Währungsreform am 21. Juni 1948 kamen auch wieder Aufträge. Ab 1950 ging der damals 14-jährige Sohn Josef, heute Seniorchef der Schreinerei, beim Vater in die Lehre, 1963 folgte sein jüngerer Bruder Peter, der heute ebenfalls im Betrieb mitarbeitet.
1957 kaufte Johann Bauer das erste Auto für seine Schreinerei, einen Opel Rekord Caravan. Bis dahin standen ihm lediglich Fahrrad und Handwagen zur Verfügung. Zwei Jahre später legte Sohn Josef vor der Handwerkskammer Koblenz seine Meisterprüfung ab. 1978 gab Johann Bauer den Betrieb an ihn weiter. Vier Jahre später, im Herbst 1982, begann dessen Sohn Achim, heute Juniorchef, eine Lehre im väterlichen Betrieb. Die Gesellenprüfung absolvierte er nach nur zweijähriger Ausbildung als Innungsbester. Sein Gesellenstück, ein Geschirrschrank in Nussbaum und Ahorn steht heute im Elternhaus in der Schützenstraße. Beim praktischen Leistungswettbewerb der Handwerksjugend wurde Achim Bauer wenig später sogar Kammersieger im Bezirk Koblenz, rheinland-pfälzischer Landessieger und Zweiter Bundessieger. Seit seiner Meisterprüfung arbeitet Achim Bauer im Familienbetrieb mit.
Sohn Josef und Enkel Achim haben die Schreinerei Bauer auf individuellen Innenausbau, Möbelbau und Bauschreinerei ausgerichtet. Bestattungen, von Anfang an zweites Standbein des Familienbetriebs, sind heute Sache des Seniorchefs. Die Kunden der heute drei bis vier Mitarbeiter zählenden Bodendorfer Schreinerei wohnen in Sinzig und Bad Neuenahr, in Remagen und im Raum Bonn.
- Das historische Foto zeigt Firmengründer Johann Bauer Mitte der 1930er Jahre in seiner kurz zuvor erbauten Werkstatt.
- Das aktuelle Bild zeigt Peter (von links), Josef und Achim Bauer mit der restaurierten Landkarte, die dem Firmengründer während seiner Wanderzeit als Orientierungshilfe diente.